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Gericht: Landesarbeitsgericht Bremen
Urteil verkündet am 17.07.2007
Aktenzeichen: 1 Sa 49/07
Rechtsgebiete: TVöD, TzBfG, TV ATZ
Vorschriften:
TVöD § 24 Abs. 2 | |
TzBfG § 4 Abs. 1 | |
TV ATZ § 4 Abs. 1 |
2. Die sich aus § 24 Abs. 2 TVöD ergebende anteilige Kürzung der Wechselschichtzulage ist eine nicht sachlich gerechtfertigte Benachteiligung und verstößt gegen § 4 Abs. 1 TzBfG.
3. Dies gilt auch im Rahmen des § 4 Abs. 1 TV ATZ für Altersteilzeitverträge.
Landesarbeitsgericht Bremen Im Namen des Volkes
Aktenzeichen: 1 Sa 49/07
Verkündet am: 17.07.2007
In dem Berufungsverfahren
hat das Landesarbeitsgericht Bremen - Erste Kammer - aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2007 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 07.02.2007 - Az. 9 Ca 9429/06 - wird auf ihre Kosten als unbegründet zurückgewiesen.
Die Revision wird gegen dieses Urteil zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin auf Wechselschichtzulage gemäß § 8 Abs. 5 TVöD.
Die am 17.09.1947 geborene, verheiratete Klägerin war seit dem 01.05.1970 bei der Beklagten als Krankenschwester, zuletzt in Teilzeit mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt. Durch Änderungsarbeitsvertrag vom 25.02.2005 (Bl. 55 d. A.) haben die Parteien ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis für die Zeit vom 01.10.2005 bis 30.09.2009 im Blockmodell vereinbart. Die Klägerin befindet sich seit 01.10.2005 bis 30.09.2007 in der Arbeitsphase, danach ab 01.10.2007 bis 30.09.2009 in der Freistellungsphase. Die Vergütungsabrechnung ist jedenfalls bis Juli 2006 - insoweit liegen Abrechnungen (Bl. 5 - 12 d. A.) vor - auf Basis einer Arbeitszeit von 9,625 Wochenstunden nebst den Aufstockungsbeträgen nach den Regelungen zur Altersteilzeit erfolgt. Die Klägerin arbeitet ständig in Wechselschicht.
Auf das Arbeitsverhältnis finden der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und die anderen bei der Beklagten geltenden Tarifverträge Anwendung.
In der Vergangenheit hatte die Klägerin eine Wechselschichtzulage in Höhe von 102,26 € gemäß § 33a Abs. 1 BAT erhalten. Mit der Einführung des TVöD zum 01.10.2005 hat die Beklagte die Wechselschichtzulage auf 26,25 € monatlich gekürzt. Für die Monate Oktober 2005 und März 2006 hat die Beklagte keine Wechselschichtzulage gezahlt. Die Zahlung der Wechselschichtzulage erfolgt jeweils zum Ende des übernächsten Kalendermonats. Hinsichtlich der Einzelheiten der Zahlungen wird auf die Gehaltsabrechnungen der Monate Dezember 2005 bis Juli 2006 (Bl. 5 ff. d. A.) Bezug genommen.
Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 06.09.2006, eingegangen am 07.09.2006, die vorliegende Klage erhoben und diese später erweitert.
Die Klägerin hat vorgetragen:
Einer Kürzung der Wechselschichtzulage für Teilzeitbeschäftigte stehe das Benachteiligungsverbot von Teilzeitbeschäftigten gem. § 4 TzBfG entgegen. Zudem liege auch ein Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor. Da bekanntlich überwiegend Frauen eine Teilzeitbeschäftigung ausübten, seien nahezu ausnahmslos Frauen von Kürzungen der pauschalen Wechsel- und Schichtzulagen betroffen. Durch die Schichtzulagen sollten aber von ihrem Charakter her die Erschwernisse und psychische sowie physische Beeinträchtigungen durch ständigen Wechsel der Arbeitszeit abgegolten werden. Dabei spiele es keine Rolle, ob eine Schicht 4,6 oder 8 Stunden dauere. Hinzukomme, dass bei der Beklagten insbesondere Teilzeitbeschäftigte zu Überstunden herangezogen würden, diese somit häufig ein Arbeitspensum wie Vollzeitbeschäftigte hätten.
Für die Monate Oktober 2005 bis einschließlich September 2006 ergebe dies einen Gesamtbetrag von € 997,20 (2 Monate à 105,00 €, 10 Monate à 78,75 €).
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 682,50 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 315,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen gem. § 8 Abs. 5 TVöD beginnend ab dem 01.10.2006 eine monatliche Wechselschichtzulage in Höhe von 105,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Ersten des jeweils laufenden Monats zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen:
Sie habe in Anwendung der tariflichen Regelungen gem. § 24 Abs. 2 TVöD die Wechselschichtzulage zu Recht im Verhältnis der mit der Klägerin vertraglich vereinbarten Arbeitszeit gekürzt.
Die Tarifvertragsparteien hätten sich bewusst auf eine Regelung zur anteiligen Gewährung der Wechselschichtzulage verständigt. Die Tarifregelung sei auch wirksam, da der Tarifvertrag anders als früher nicht mehr die Ableistung einer bestimmten Anzahl von Arbeitsstunden in der Nachtschicht voraussetze. Im Übrigen würde sich eine volle Zuweisung der Zulagen an Teilzeitbeschäftigte kontraproduktiv auswirken, da ein Krankenhaus auf einem Wechselschichtarbeitsplatz dann kaum 2 oder 3 Teilzeitkräfte einstellen würde, wenn einer Vollzeitkraft nur einmal die Wechselschichtzulage gezahlt werden müsse. Auch dies sei von den Tarifvertragsparteien berücksichtigt worden.
Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat am 07.02.2007 folgendes Urteil verkündet:
1. Die Beklagte wird verurteilt,
a) an die Klägerin 472,50 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.09.2006 zu bezahlen.
b) an die Klägerin weitere 315,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.11.2006 zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen gem. § 8 Abs. 5 TVöD beginnend ab dem 01.10.2006 eine monatliche Wechselschichtzulage in Höhe von 105,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils seit dem Ersten des dritten Kalendermonats, der auf ihre Entstehung folgt, zu bezahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Klägerin trägt 7,5 % der Kosten des Rechtsstreits, die Beklagte 92,5 %.
5. Der Wert des Streitgegenstands wird auf 2.878,50 € festgesetzt.
6. Die Berufung wird - soweit sie nicht bereits kraft Gesetzes statthaft ist (§ 64 Abs. 2 Buchst. b. bis d. ArbGG) - für die Beklagte zugelassen.
Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe in dem erstinstanzlichen Urteil wird auf Bl. 61 - 65 d. A. Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 12.02.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.02.2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 04.05.2007 durch Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 27.03.2007 am 26.04.2007 begründet.
Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen unter Vertiefung ihrer Rechtsansicht.
Sie beantragt,
das am 07.02.2007 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven - Az. 9 Ca 9429/06 - aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 07.02.2007 - Az. 9 Ca 9429/06 - zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertieft ebenfalls ihre Rechtsmeinung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, insbesondere die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften und die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist insgesamt zulässig, jedoch unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an die Klägerin die rückständige Wechselschichtzulage in der bezifferten Höhe nebst Zinsen zu zahlen. Richtigerweise hat das Arbeitsgericht auch die auf die Zeit nach den durch den bezifferten Klagantrag erfassten Monaten gerichteten Feststellungsklage für zulässig und begründet erachtet.
Das Berufungsgericht verweist zunächst auf die zutreffenden Entscheidungsgründe in dem angefochtenen Urteil, denen es folgt (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Wegen des Berufungsverfahrens ist noch Folgendes auszuführen:
1. Der Feststellungsantrag ist gem. § 256 ZPO zulässig.
Die Zulässigkeit folgt aus § 256 Abs. 1 ZPO, weil zwischen den Parteien die Frage, ob die Wechselschichtzulage der Klägerin in voller Höhe zusteht, streitig ist. Bei einem öffentlichen Arbeitgeber kann davon ausgegangen werden, dass es eines Leistungstitels nicht bedarf, sondern sich dieser auch an ein entsprechendes Feststellungsurteil halten wird (vgl. BAG Urt. v. 24.04.1996 - Az. 4 AZR 876/94 - AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge Waldarbeiter).
Die Zulässigkeit ergibt sich mindestens aus § 256 Abs. 2 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zwischenfeststellungsklage sind allein in § 256 Abs. 2 ZPO festgelegt. Dies hat zur Folge, dass die Prüfung des Feststellungsinteresses, die bei der selbstständigen Feststellungsklage des § 256 Abs. 1 ZPO erforderlich ist, insoweit zurückgedrängt und durch die Tatbestandsmerkmale des Streits über das Rechtsverhältnis und dessen Präjudizialität für die Hauptentscheidung ersetzt wird (vgl. BAG Urt. v. 24.04.1996 - Az. 4 AZR 876/94 - AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge Waldarbeiter). Die Zwischenfeststellungsklage kann sich deshalb auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. BAG Urt. v. 27.10.2005 - Az. 6 AZR 123/05 - AP Nr. 90 zu § 256 ZPO 1977 m. w. N.). Letzteres trifft hier zu, weil der Umfang der Leistungspflicht der Beklagten festgestellt werden soll. Dabei handelt es sich nicht nur um rückständige Ansprüche, die beziffert werden könnten, sondern auch um die Grundlage für zukünftige Leistungspflichten.
2. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Wechselschichtzulage ergibt sich aus § 8 Abs. 5 TVöD. Der Anspruch besteht auch in voller Höhe.
a) Obwohl die Klägerin sich seit 01.10.2005 in einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis befindet, richtet sich ihr Arbeitsverhältnis nach dem TVöD.
Nach § 1 des Änderungsvertrages vom 25.02.2005 soll das Arbeitsverhältnis nach Maßgabe der Vereinbarung ab 01.10.2005 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt werden. Diese Regelung kann gem. den §§ 133, 157 BGB nicht so verstanden werden, dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis auch für die Zukunft dem bisher anwendbaren Bundesangestelltentarifvertrag unterstellt werden sollte, sondern der Verwendung des Begriffs "fortgeführt" ist zu entnehmen, dass sich auch das Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach den bei der Beklagten anwendbaren Tarifverträgen in der jeweiligen Fassung richten sollte. Auch das Bundesarbeitsgericht geht davon aus, dass dann, wenn sich das Arbeitsverhältnis nach kollektiv-rechtlichen Bestimmungen richtet, dessen Bedingungen ebenso wie die der Arbeitnehmer im "Normalarbeitsverhältnis" unter dem immanenten Vorbehalt einer Änderung stehen (vgl. BAG Urt. v.11.04.2006 - Az. 9 AZR 420/05). Zwischen den Parteien ist zudem unstreitig, dass sich das Altersteilzeitarbeitsverhältnis der Klägerin nach dem TVöD richtet.
b) § 8 Abs. 5 TVöD bestimmt, dass Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit leisten, eine Wechselschichtzulage von € 105,00 monatlich erhalten. Beschäftigte, die nicht ständig Wechselschicht leisten, erhalten eine Wechselschichtzulage von 0,63 € pro Stunde. In § 24 Abs. 2 TVöD ist bestimmt, dass - soweit tarifvertraglich nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist - Teilzeitbeschäftigte das Tabellenentgelt (§ 15) und alle sonstigen Entgeltbestandteile in dem Umfang erhalten, der dem Anteil ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter entspricht. Bei der Wechselschichtzulage handelt es sich um einen sonstigen Entgeltbestandteil in diesem Sinne. Eine ausdrückliche Regelung zur Handhabung bei Teilzeitbeschäftigten enthält § 8 Abs. 5 TVöD nicht. Soweit sich aus § 24 Abs. 2 TVöD eine anteilige Kürzung der Wechselschichtzulage für teilzeitbeschäftigte Angestellte ergibt, ist die Vorschrift wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 TzBfG nichtig.
c) Nach § 4 Abs. 1 TzBfG darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Das Gebot zur Gleichbehandlung erstreckt sich dabei sowohl auf einseitige Maßnahmen als auch auf vertragliche Abmachungen (vgl. BAG Urt. v. 25.01.1989 - AP Nr. 2 zu § 2 BeschFG 1985; BAG Urt. v. 23.06.1993 - Az. 10 AZR 127/92 - AP Nr. 1 zu § 34 BAT). Dabei hat das "Behandeln" im Sinne des Gesetzes nicht die Rechtsform, sondern die Rechtserheblichkeit des Arbeitgeberverhaltens im Auge. Damit ist auch die Behandlung der Arbeitnehmer aufgrund von Tarifverträgen dem Benachteiligungsverbot unterworfen, somit auch die Kürzung von Zulagenpauschalen nach § 24 Abs. 2 TVöD.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 22 Abs. 1 TzBfG. Danach kann zwar in bestimmten Fällen von den Vorschriften des TzBfG auch zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden, im Übrigen aber nicht. § 4 Abs. 1 TzBfG gehört ebenso wie § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 nicht zu den Ausnahmen, so dass insoweit nur Regelungen zu Gunsten der Arbeitnehmer möglich sind (vgl. BAG Urt. v. 24.09.2003 - Az. 10 AZR 675/02 - AP Nr. 4 zu § 4 TzBfG m. w. N.; BAG Urt. v. 23.06.1993 - Az. 10 AZR 127/92 - AP Nr. 1 zu § 34 BAT). Auch eine unterschiedliche Behandlung vollzeit- und teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer durch eine tarifvertragliche Regelung muss daher durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein.
d) Die Klägerin wird "wegen der Teilzeitarbeit" gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern benachteiligt. Die Beklagte verweigert ihr die volle Zahlung der beanspruchten Zulage nicht deshalb, weil die Klägerin deren Bezugsvoraussetzungen nicht erfüllt, sondern unter Berufung auf § 24 Abs. 2 TVöD, weil sie im Vergleich zu Vollzeitkräften weniger Stunden arbeitet. Eine Ungleichbehandlung "wegen der Teilzeitarbeit" liegt immer dann vor, wenn die Dauer der Arbeitszeit das alleinige Kriterium darstellt, an das die Differenzierung hinsichtlich der unterschiedlichen Arbeitsbedingungen und damit auch der Vergütung anknüpft (vgl. BAG Urt. v. 26.01.2001 - Az. 10 AZR 714/00; BAG Urt. v. 24.09.2003 - Az. 10 AZR 675/02 - AP Nr. 4 zu § 4 TzBfG). Ein solcher Fall liegt hier bei dem Vorgehen der Beklagten vor.
e) Diese Benachteiligung ist nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
Es kann nicht geltend gemacht werden, dass die besondere Belastung, die mit der Zulage nach § 8 Abs. 5 TVöD abgegolten werden soll, wegen der kürzeren Dauer der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten gegenüber Vollzeitbeschäftigten nur anteilig bestehe, um eine Benachteiligung zu rechtfertigen. Allein der unterschiedliche zeitliche Umfang der Arbeitsleistung rechtfertigt für sich genommen keine Benachteiligung der Teilzeitbeschäftigten gegenüber den Vollzeitbeschäftigten (vgl. BAG Urt. v. 23.06.1993 - Az. 10 AZR 127/92 - AP Nr. 1 zu § 34 BAT).
Es kommt nicht darauf an, ob - wie die Beklagte behauptet - die Schichtarbeit Teilzeitkräfte weniger belastet als Vollzeitkräfte. Wenn dies so wäre, könnte zwar die Kürzung der Schichtzulage nach § 24 Abs. 2 Satz 1 TVöD im Hinblick auf die geringere Belastung von Teilzeitkräften auch aus arbeitsmedizinischen Gründen sachlich gerechtfertigt sein (vgl. BAG Urt. v. 23.06.1993 - Az. 10 AZR 127/92 - AP Nr. 1 zu § 34 BAT). Die tarifliche Regelung der Wechselschichtzulage in § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD stellt aber auf solche möglichen Belastungsunterschiede nicht ab. Voraussetzung für den Anspruch auf die Zulage ist allein, dass der Angestellte ständig Wechselschicht leistet. Wechselschichtarbeit ist in § 7 TVöD definiert. Danach ist Wechselschichtarbeit die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen Beschäftigte durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen werden. Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. Nachtschichten sind Arbeitsschichten, die mindestens zwei Stunden Nachtarbeit umfassen. "Ständig" leistet der Arbeitnehmer die in § 7 Abs. 1 TVöD definierte Wechselschichtarbeit, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unbefristet diese Art der Tätigkeit im Rahmen eines Schichtplans zugewiesen hat, d. h. der Arbeitnehmer regelmäßig so tätig wird (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, TVöD, Rn. 66 f zu § 8 TVöD; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck, TVöD, Rn. 50 zu § 8 TVöD; Sponer/Steinherr, TVöD, Rn. 118 ff. zu § 8 TVöD; Bepler/Böhle/Martin/Stöhr, TVöD, Rn. 16 zu § 8 TVöD). Danach ist Voraussetzung für den Anspruch auf die Wechselschichtzulage lediglich, dass der Angestellte dienstplanmäßig regelmäßig in Wechselschicht arbeitet. Damit wird nach dem Wortlaut der Tarifnorm allein die sich aus der Wechselschichtarbeit überhaupt ergebende Belastung durch die Zulage vergütet. Unerheblich ist es nach der tariflichen Regelung, wie viele Stunden in den einzelnen Schichten gearbeitet werden, in welchem Rhythmus die einzelnen Schichten aufeinander folgen, wie viele freie Schichten bei einem Wechsel von der einen Schicht in die andere zwischen den Schichten liegen, wie lang eine mögliche Regenerationszeit ist und wie viele Stunden Nachtschicht ein Angestellter über die Mindeststundenzahl hinaus leistet. Alle diese Umstände, die für die Gesamtbelastung der in Wechselschicht und Nachtdienst arbeitenden Angestellten von Bedeutung sein mögen, ergeben sich aus dem jeweiligen Schichtplan, der je nach den betrieblichen Notwendigkeiten in unterschiedlicher Weise gestaltet sein kann. Die Tarifvertragsparteien haben nicht die sich aus den aufgezählten Umständen ergebende jeweilige konkrete Belastung zum Maßstab für die Wechselschichtzulage gemacht. Sie haben vielmehr generell auf die durch eine Arbeit in Wechselschicht einschließlich des Nachtdienstes begründete Belastung abgestellt. Dieser generellen Belastung, zu deren Ausgleich die Zulage gewährt wird, ist ein Arbeitnehmer als Teilzeitkraft in gleicher Weise ausgesetzt wie die vollzeitbeschäftigten Angestellten. Dem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer steht daher die Wechselschichtzulage auch in voller Höhe zu. Wird sie nach § 24 Abs. 2 BAT entsprechend der Arbeitszeit gekürzt, geschieht dies allein "wegen der Teilzeitarbeit". Das aber verbietet § 4 Abs. 1 TzBfG.
Dies haben wie in den erstinstanzlichen Urteilen auch das Arbeitsgericht Bielefeld in seinem Urteil vom 25.10.2006 - Az. 6 Ca 1877/06 - und das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 15.05.2007 - Az. 8 Sa 405/07 - so gesehen im Gegensatz zu dem Arbeitsgericht München, das in seinem Urteil vom 07.12.2006 - Az. 11 Ca 9706/06 anders entschieden hat. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat in seinem Urteil vom 27.03.2007 - Az. 5 Sa 557/06 - ebenfalls eine Teilzeitdiskriminierung im Hinblick auf die entsprechende Regelung des § 8 Abs. 6 Satz 1 TVöD zur ständigen Schichtarbeit angenommen. Die hier entscheidende Berufungskammer lehnt die Auffassung des Arbeitsgerichts München in dem Urteil vom 07.12.2006 - Az. 11 Ca 9706/06 - ab.
Das Bundesarbeitsgericht hat bereits in seinem Urteil zu der Vorgängernorm, weil auch dort nicht nach Einzelumständen bei den Vollzeitbeschäftigten differenziert wurde, eine Teilzeitdiskriminierung festgestellt (vgl. BAG Urt. v. 23.06.1993 - Az. 10 AZR 127/92 - AP Nr. 1 zu § 34 BAT). Das Bundesarbeitsgericht stellt bei der Frage, ob eine Zulage einem Teilzeitbeschäftigten lediglich anteilig zusteht, regelmäßig darauf ab, welcher Leistungszweck mit der Zulage verfolgt wird und ob das Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Arbeitszeit eine Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten darstellen kann (vgl. BAG Urt. v. 11.06.1997 - Az. 10 AZR 784/96 - AP Nr. 2 zu § 24 BMT-G II; BAG Urt. v. 10.02.1999 - Az. 10 AZR 711/97 - AP Nr. 5 zu § 34 BAT). Mit der Wechselschichtzulage gem. § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD wird nach den vorstehenden Ausführungen kein anderweitiger Leistungszweck verfolgt, als die allgemeine Belastung durch Wechselschicht auszugleichen, ohne an einzelne Bedingungen der Wechselschicht anzuknüpfen. Deshalb ist es nicht sachlich gerechtfertigt, bei Teilzeitbeschäftigten eine anteilige Leistung entsprechend dem Ausmaß ihrer Arbeitszeit vorzunehmen, obwohl Teilzeitbeschäftigte möglicherweise in ähnlichem Ausmaß wie Vollzeitbeschäftigte zu Wechselschichten herangezogen werden.
Aus der Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TVöD ergibt sich nichts anderes. Auch wenn dort ausdrücklich geregelt ist, dass die Zeitzuschläge auch bei Teilzeitbeschäftigten dieselbe Höhe haben, während dies in den Abs. 5 und 6 des § 8 TVöD nicht entsprechend geregelt worden ist, so ergibt sich hieraus lediglich, dass die Tarifvertragsparteien tatsächlich nur eine anteilige Gewährung der Wechselschichtzulage an Teilzeitbeschäftigte regeln wollten. Dies ist aber gerade wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 TzBfG rechtsunwirksam.
f) In § 4 Abs. 1 TV ATZ ist zwar für das Altersteilzeitarbeitsverhältnis geregelt, dass Wechselschichtzulagen entsprechend dem Umfang der tatsächlich geleisteten Tätigkeit berücksichtigt werden. Hieraus ergibt sich aber für die Klägerin, die sich seit dem 01.10.2005 in einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis befindet, nichts anderes. Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings in dem Urteil vom 21.11.2006 - Az-. 9 AZR 623/05 - zum TV ATZ bei der Deutschen Post AG ausgeführt, dass die dort verwendete Formulierung "tatsächliches Aufkommen" dahingehend auszulegen sei, dass unregelmäßige Entgeltbestandteile nur insoweit gezahlt werden müssen, als sie der Arbeitnehmer durch tatsächliche Arbeitsleistungen erworben hat. Anders als bei der genannten Entscheidung knüpft aber die hier im TVöD geregelte Wechselschichtzulage nicht in zulässiger Weise an eine geringere Arbeitszeit des Arbeitnehmers an, damit eine anteilige Leistung sachlich gerechtfertigt ist. Deshalb kann auch bei einer geringeren Arbeitszeit aufgrund eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses die Wechselschichtzulage nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD nur ganz zustehen. Eine andere rechtliche Behandlung der Altersteilzeit würde zu einer Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer im Altersteilzeitarbeitsverhältnis gegenüber den sonstigen Teilzeitbeschäftigten führen. Wie ausgeführt, können auch die Tarifvertragsparteien Teilzeitbeschäftigte nicht allein wegen des geringeren Umfangs der Arbeitszeit schlechter behandeln als Vollzeitbeschäftigte. Auch der Arbeitnehmer, der Teilzeit aufgrund eines Altersteilzeitvertrages leistet, ist ein in Teilzeit tätiger Arbeitnehmer. Es besteht kein sachlich rechtfertigender Grund, allein deshalb, weil die Teilzeit aufgrund eines Altersteilzeitarbeitsvertrages geleistet wird, die Wechselschichtzulage zu verkürzen. Auch in der Altersteilzeit stellen sich die Belastungen durch Wechselschicht genauso dar wie bei sonstigen Teilzeitbeschäftigten.
Letztlich kann nach Auffassung des Berufungsgerichts die Formulierung in § 4 Abs. 1 TV ATZ "entsprechend dem Umfang der tatsächlich geleisteten Tätigkeit" auch nur so verstanden werden, dass die Wechselschichtzulage, wie es in den anderen tariflichen Regelungen für die sonstigen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer normiert ist, an den geringeren Umfang der Arbeitszeit anknüpfen soll. Deshalb ist die tarifliche Regelung ohnehin so auszulegen, dass die Tarifvertragsparteien keine andere Behandlung der Altersteilzeit bezüglich der Zahlung von Wechselschichtzulagen beabsichtigten als für die sonstigen Teilzeitbeschäftigten. Wenn aber nach den vorstehenden Ausführungen die Wechselschichtzulage gem. § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD den sonstigen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern ganz zusteht, dann ist die Beklagte auch verpflichtet, der in Altersteilzeit befindlichen Klägerin die Wechselschichtzulage in demselben Umfang zu gewähren.
g) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin Wechselschicht leistet, und zwar ständig, so dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Wechselschichtzulage gem. § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD gegeben ist. Die Klägerin hat daher Anspruch auf Zahlung der ausgeurteilten Beträge, weil insoweit die tarifvertragliche Ausschlussfrist eingehalten worden ist. Der Feststellungsantrag ist ebenfalls nach den vorstehenden Ausführungen begründet.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Gegen dieses Urteil war die Revision zuzulassen, weil ein Grund hierfür im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG gegeben war.
Ende der Entscheidung
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